Donnerstag, 7. Juli 2022
Wettkampfspiele mit Feuer (Gwen 37)
Nach einer kurzen Pause, in der der Drachenchor eine erneut pathetische Geschichte über die Bedeutung der Jungdrachen zum Besten kam, wurden weitere Wasserfässer in die Arena gerollt und die Jungdrachen kehrten zurück.
"Es ist unser ureigenstes Merkmal unter allen Lebewesen, dass wir Feuer speien können. Feuer ist unser Element und ohne Feuer sind wir nicht wir selbst. Daher kommen wir nun zum Höhepunkt der Prüfungen: Das Feuerspuken, mit und ohne Zielvorgaben", erläuterte Gwen auf ihrer Anhöhe das weitere Geschehen.
"Die macht ja gaar keinen Druck", murmelte Skye besorgt. Kerscha hatte sie trotzdem gehört und runzelte die Stirn. Zum Glück verzichtete sie aber darauf nachzufragen, um Skye nicht noch nervöser zu machen.

Als erster drängelte sich Draco in den Vordergrund, grinste selbstgefällig und pustete eine riesige Feuersäule schräg in den Himmel. Dann latschte er hochaufgerichtet zum Tisch, auf dem diverse Gegenstände lagen, und verbrannte die mit einem einzigen Atemzug ebenfalls komplett.
"Typisch", maulte Kerscha, "Draco drängelt sich vor und wartet nicht mal die Anweisungen ab, was er mit dem Tisch hätte machen sollen". Dieser Draco wurde Skye mit jedem Auftritt unsympathischer, erst recht als er Dracos Familie beim Abklatschen und Feixen beobachtete. Ein Drache nach dem anderen führte eine mehr oder weniger große Feuersäule vor. Drax zappelte herum und machte sich ganz klein, während Skye ihre Daumen blau drücke, weil sie ja wusste, dass Drax mit dem Feuerspuken so einige Schwierigkeiten hatte.

Es blieb Drax aber nichts anderes übrig: Es trat vor, holte tief Luft, atmete aus, atmete nochmal tief ein - schon reichlich blass im Gesicht - und wiederholte das noch mindestens dreimal. Skye hatte inzwischen nach Kerschas Arm gegriffen und atmete vor lauter Spannung nur noch ganz flach.
Drax atmete wieder aus... und nochmal tief ein... und öffnete endlich sein Maul ganz weit, fauchte und spukte eine ziemlich krumme Flamme in die Luft. Vor Überraschung über das Feuer kohlte Drax sich einen seiner Barten an, fiepte, klappte sein Maul vor Schreck zu, fiepte erneut, woraufhin ein Rest Feuer sein Maul verließ und sein komplettes Gesicht mit Ruß bedeckte. So eingeschwärzt, fing Drax an, fürchterlich zu husten und zu fauchen. Es tanzte von einem Bein auf das andere, während Tränen die Wangen runterliefen, fauchte und maulte, es habe ja gewusst, dass das nur schiefgehen könne.
Aus Dracos Fankurve war lautes Grölen zu hören, woraufhin Skye und Kerscha lauter applaudierten und versuchten, möglichst ermunternd für Drax zu schauen.

In der zweiten Runde sollte jeder Drache am eigenen Tisch einen Papierstapel verbrennen, einen Käselollis rösten und alle anderen Gegenstände darauf sowie den Tisch unversehrt lassen. "Hah!", freute sich Kerscha, "Da wird Draco nicht mehr mit klarkommen, nachdem er bereits alles außer den Tisch abgefackelt hat." Draco zeigte sich dennoch selbstsicher und stellte sich in Siegerpose neben seinen leergefegten Tisch. Die anderen Drachen schafften es mehr oder weniger, die Aufgabe zu bewältigen: Bei allen wurde aus dem Papier Asche, der Käse war kross bis nicht mehr zu gebrauchen, einige entfachten auch noch den Rum im Glas (was hübsch aussah) oder zündeten die Tischdecke an (was sich nicht so gut machte).

Drax stand vor seinem Tisch und guckte mit tränenden Augen sehr unglücklich drein: Statt Feuer kam aus seinem Hals nur noch Husten, Hauchen oder Fauchen heraus. Einer der Schiedsrichter brauchte Drax Minze und etwas Limo zum Spülen. Aber selbst die Limo ging nicht mehr durch Drax´ Hals und es musste sie wieder ausspucken. Drax versuchte und versuchte, spuckte dabei aber höchstens zerkaute Minzblätter auf den Tisch und hatte ganz offensichtlich Schmerzen. Schließlich beendete ein Schiedsrichter diese Runde. Auf Drax Tisch lagen noch alle Gegenstände unversehrt, nur ein wenig lädiert durch Minzmatsch. Drax schlurfte mit hängendem Kopf vom Platz und schaute sich nicht mal nach Skye um, der Kerscha ihre Vorderpfote um die Schulter gelegt hatte.

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Freitag, 1. Juli 2022
Wettkampfspiele mit Gockel (Gwen 36)
Nach dem Fliegen und Schafe transportieren wurden erstmal großzügig Getränke und Häppchen herumgereicht. Skye schnappte sich, nun schon etwas eingewöhnt, gekonnt einen Backfisch und mehrere von diesen großartigen Käselollis. So gestärkt schüttete sie soviel Wasser wie möglich in sich hinein und vertrat sich kurz die Beine als die Wettkämpfe weitergingen.

Skye hatte gehofft, kurz mit Drax sprechen zu können, aber das war wohl nicht erwünscht. Wieder war der schwarze Drache als erster dran und begann mit weit tragender Stimme seine Ballade zu singen. "Ach wieder so ein reaktionärer Heldenkram", kommentierte Kerscha, "Du weißt schon, die guten alten Zeiten als die Drachen noch die ganze Welt bereisten, mit Chinesischen Drachen philosophierten, den Isländern regelmäßig ordentlich auf die Köpfe hauten und sich in keinester Weise darum scherten, was die Menschen mit ihren Kriegen und ihrem Aberglauben so vor sich hin wuselten. Eines Tages, blabla, werden die Drachen wieder zu alter Größe zurückkehren, schmacht, laber, du weißt schon, und die Menschen auf ihren angestammten Platz ans unteren Ende der Nahrungskette jagen. Naja der übliche dragozentrischen, chauvinistische Schwachsinn halt."

Skye amüsierte sich über Kestras Lifeberichterstattung, bemerkte aber auch, dass sich zwar viele Drachen wie Kestra genervt amüsierten, aber andere Drachen durchaus die Köpfe reckten, mit den Krallen scharrten und unruhig tuschelten. Skye fragte Kerscha nach einer größeren Gruppe, die mit besonders stolzgeschwollener Brust dem Gesang des Jungdrachens zuhörten. "Yep, das ist Dracos Familie, alle irgendwie über mehrere Ecken miteinander verwandt, sehr übellaunig und überzeugt davon, von irgendwelchen Drachenkönigen abzustammen, die alle permutt- oder schwarze Drachenschuppen hatten. Rassisten eben, mit denen leider nicht zu spaßen ist." "Draco hat einen männlichen Namen, obwohl er noch ein Jungdrache ist?", fragte Skye nach. "Auch eine Art, den männlichen Stammhalter sicher zu stellen. Wird bestimmt spannend, wenn die zweiten Prüfung dann evtl. nicht das gewünschte Geschlecht erbringt. Obwohl, so eitel wie Draco jetzt schon ist, würde es mich nicht wundern, wenn er der Gockel bleibt, der er jetzt schon ist. Oh da kommt Drax!", zappelte Kerscha aufgeregt.

Drax räusperte sich, kiekste ein bisschen und begann ein fröhliches Lied zu singen. Skye freute sich, weil Drax zweisprachig sang, so dass sie nicht auf Kerscha angewiesen war, um sich an der Geschichte zu freuen, dass es manchmal, also bei Mardern, gut ist zu jagen, aber manchmal besser ist, auszuweichen, also bei Zügen, Felswänden und humorlosen Gänsen und dass es in allen Fällen, immer am besten ist, einen guten Freund an der Seite zu haben.
Skye himmelte Drax an, weil Drax Stimme so voll und lustig durch die Arena klang. Dracos Clique hingegen, die schon empört war, dass Drax eine Übersetzung in die Menschensprache mit sang, ließ sogar Buhrufe vernehmen über die Zumutung einen Menschen als Freund anzuerkennen. "Tja", murmelte Kerscha, "da hat Drax schon mal den richtigen Riecher, was die Auswahl seiner Gegner angeht. Leider nimmt Dracos Familie aber auch an der Auswahl teil, welcher Jungdrache anerkannt wird.". Skye schluckte. Das mulmige Gefühl in ihrem Bauch hatte aber keine Chancen, weil sie so unendlich stolz und begeistert über Drax war.

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Freitag, 24. Juni 2022
Wettkampfspiele (Gwen 35)
Ein Jungdrache nach dem anderen nahm Anlauf, erhob sich mühelos in die Luft, drehte ein paar Runden in der Arena und landete elegant bis holprig wieder in der Mitte der Arena. Bei der zweiten Flugrunde zeigten einige der Jungdrachen Kapriolen und Loopings. Andere flogen dicht über die Zuschauenden hinweg, unter anderem Drax, das ein jubelndes "Skyyyyeee, guckstuuuuh" von sich gab. Skye hatte kaum Zeit, sich die Tränen aus den Augenwinkeln zu wischen, als auch schon Schafe in die Arena getrieben wurden. Alle Jungdrachen stiegen sofort auf und versuchten, ein Schaf für sich zu schnappen. Einige gerieten dabei in ein ziemliches Durcheinander mit anderen Drachen. Sie erinnerten sich zum Glück schnell, dass Kooperation eine der Wettkampfdisziplinen war. Also landeten sie, besprachen sich kurz und flogen eine gekonnte Reihe im Kreis, in dem jede*r sich ein Schaf griff.

Drax zappelte eine Weile am Himmel herum, entschied sich dann für ein Schaf, sauste runter und flog ein bisschen mit den Schaf herum, um die eigene Freude am Fliegen mit dem Schaf zu teilen. Alle Jungdrachen hatten schließlich ein Schaf gefunden und setzten es mehr oder weniger sanft am Boden wieder ab. Der schwarze Drache erntete Unmutsrufe, weil er sein Schaf offenkundig gebissen hatte und sogar in Siegerpose seinen krallenbewehrten Fuß auf das unglückliche Schaf stellte. Drax hingegen setzte das Schaf ganz vorsichtig ab, schaut dem Tier in die Augen und schnaubte es an, um seine Freude am gelungenen Rundflug zu teilen. Das Schaf allerdings verdrehte nur die Augen und plumpste, offenbar nun ohnmächtig, mit allen vier Beinen um.

Erwachsene Drachen prüften, ob alle Schafe ohne wesentlichen Schaden transportiert worden waren, und trugen das arme gebissene Schaf zusammen mit Drax ohnmächtigem Schaf davon, das wohl nicht richtig verstanden hatte, dass Fliegen eine großartige Angelegenheit war.

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Sonntag, 19. Juni 2022
Die Arena (Gwen 34)
Zum Glück ließen die Drachen sie ein paar Stunden schlafen, bis Kerscha vorbeikam und allen Menschen eine Bloody Mary nach Drachenart reichte. Skye beschnupperte das Gebräu misstrauisch, verließ sich aber darauf, dass die Drachen kein Interesse daran haben konnten, die wenigen Menschen zu vergiften, bevor sie ihre Reden gehalten hätten.
Skye trank nach dem ersten vorsichtigen Schluck den Becher in gierigen Zügen leer. "Irgendwas mit Tomate, Zitrone und etwas Mineralischem, was auch immer Drachen wohl als Elektrolyte bei Menschen einsetzen", dachte sie und fühlte sich gleich besser.

Vor sich hin grummelnd, wurschtelten sich alle sechs Menschen in ihre Kleidung und folgten Kerscha. "Ja, ich hab gewonnen", erzählte die Frau vom Trinkwettkampf, die wohl Lydia hieß, "aber nur weil ich mir vorher genug vom Backfisch gegönnt hatte. Nochmal mache ich so was ganz bestimmt nicht", schüttelte sie vorsichtig ihren Kopf. Skye war überrascht, dass Lydia überhaupt geradeaus laufen konnte, und musste prompt über sich selbst lachen, weil sie sich über Lydias Trinkfestigkeit mehr wunderte als darüber, dass alle anderen Beteiligten immerhin Drachen gewesen waren.
Die kleine etwas verzottelte Gruppe Menschen erreichte den großen Wettkampfplatz und wurde von Kerscha zu einem schattigen Podest begleitet, das einen guten Blick auf die Arenen und das Rednerpult erlaubte.

Gwen bestieg soeben die Bühne und trat an das Rednerpult: "Es ist mir eine besondere Ehre, die Wettkämpfe unserer in diesem Jahr zahlreichen Jungdrachen zu eröffnen. Unsere 20 Halbwüchsigen werden uns heute ihre Fähigkeiten im Fliegen, Beutegreifen, Geschichtssingen, Kooperieren und Feuerspuken zeigen. Mögen sie alle einen glücklichen Tag haben und in unsere Gemeinschaft aufgenommen werden.
Die Tradition sieht vor, dass nur die Drachen die Phase als Jungdrachen hinter sich lassen können, die in allen fünf Disziplinen sehr sichere Vorführungen abliefern und dabei in fairer Weise mit ihren Altersgenoss*innen kooperieren. Nur diesen Drachen wird es erlaubt sein, an den Zusammenkünften der erwachsenen Drachen teilzunehmen und das uralte Wissen der Drachen kennenzulernen. Erst nachdem sie dann genug Wissen und Erfahrungen gesammelt haben werden, können sie sich der nächsten Stufe als Gesell*innen stellen, indem sie das Geschlecht für die nächste Lebensphase und einen Partner oder eine Partnerin wählen."

Skye hörte mit weit aufgerissenen Ohren zu und erblickte voller Rührung Drax unter den 20 Drachen, die nun in die Arena einliefen. Diese Drachen waren in Farben, Formen und Größe alle unterschiedlich. Ein mittelgroßer, schwarzer Drache schien besonders selbstbewusst zu sein und schlenderte in die Arena, als wäre das alles für ihn nur eine Kleinigkeit. Drax bemühte sich nicht zu zappeln, atmete sichtbar erleichtert auf, als es Skye erblickte und machte damit eine deutlich bessere Figur als die drei Drachen hinter Drax, die ihre Köpfe zwischen den Schultern einzogen und vor lauter Angst zitterten. Als einer von ihnen dann auch noch stolperte, geriet die Reihe der Drachen vollends durcheinander. Ein nervöses Raunen ging durch die Reihen der zuschauenden Drachen. Eine grünlich schillernde Jungdrachin ganz hinten in der Reihe begann, ein Lied zu summen, das eine beruhigende Wirkung auf alle in der Reihe hatte. Schließlich sang sie mit einer schönen Altstimme in ruhigem Ton immer wieder zwei Wörter, von denen Skye vermutete, dass sie "reechts, liinks" bedeuteten. Die Reihe der Jungdrachen fand jedenfalls in einen ruhigen, gleichmäßigen Rhythmus zurück und schaffte es in einem gemütlichen Gleichschritt gemeinsam bis zur Mitte der Arena.

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Sonntag, 12. Juni 2022
Tanz durch die Nacht (Gwen 33)
Skye tanzte durch die Nacht, über sich die Sterne des endlos scheinenden schwarzblauen andalusischen Himmel, neben sich gut gelaunte Drachen sowie ab und zu einer der fünf anderen tanzenden Menschen. Sie spürte die Bässe aus Trommeln und Drachenkehlen direkt in ihrem Bauch, ließ alle Fragen los, bewegte sich mit der Menge, schwitzte, lachte und wunderte sich nur in Momenten des Atemholens, dass sie nun wahrhaftig auf einem Drachenfest war. Der Gedanke war viel zu irre und hielt sich nur kurz, bis Skye erneut von der Menge mitgerissen wurde.

Als sie auf einen kleinen Platz geschwemmt wurde, hielt sie mit den sie umgebenden Drachen inne, um erneut einem Chor zu lauschen. Tiefe getragene Stimmen mit dramatischen Trällern gaben erneut eine der traditionellen Drachenballaden zum Besten. Obwohl Skye kein Wort verstand, rollten ihr die Tränen über die Wangen. "Ich kann auch nicht anders. Schon bei menschlichen Gospels weine ich wie ein Schlosshund", kommentierte der Mann neben ihr, "ach ja, ich bin übrigens Sean." Skye schüttelte ihren Kopf, verwundert über die plötzliche Normalität der Ansprache, und erwiderte: "Skye, ich bin mit Drax hier." Von Sean erfuhr sie immerhin, dass die paar Menschen hier nur eingeladen waren, weil sie einen der Jungdrachen begleiteten, die ihre ersten Monate bei Menschen verbracht hatten. Eine solche Kindheit wäre früher bei Drachen verpönt gewesen, aber bei den größer werdenden Abständen zwischen den immer kleineren Refugien der Drachen, hatten manche Drachenpaare keine andere Wahl gehabt als ihre Eier bei Menschen in Obhut zu geben. "Besonders wenn eine*r der beiden Eltern gestorben ist oder verloren gegangen ist, wie es bei Gwen der Fall war, sehr tragisch", schloss Sean. Skye stiegen schon wieder die Tränen in die Augen. Sie hatte sich nie Gedanken darüber gemacht, ob Drachen ihre Nachkommen eigentlich in Paaren oder Gruppen aufzogen. Gwen schien sich immer selbst genug zu sein, aber vielleicht hatte sie leider keine andere Wahl gehabt.

Skye schluckte und ließ sich erneut mit der Menge treiben, schaute Feuerspeiern zu, genoss einen Chor, der gekonnt im Hall einer halb offenen Höhle musizierte, und entfloh gerade noch rechtzeitig in einen anderen Strom aus Drachen, bevor sie in ein Wettkampftrinken hineingezogen werden konnte. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass es eine Frau, die sie noch nicht kannte, nicht gelungen war, auszuweichen. Nun widmete sie sich mit trotzigem Ernst einem Trinkduell mit einem reptilienartigen Drachen, obwohl das Getränk in ihren jeweils passend großen Trinkgefäßen in wunderlichen Farben dampfte und waberte.

Erst bei Morgengrauen wankte Skye wieder ins Holzhaus der Menschen zurück, im Kopf ein Gewirr von Bildern wirbelnder Drachen und Feuerspiralen. Beim Reinkommen vergewisserte sie sich beruhigt, dass die Frau aus dem Trinkgelage in ihrer Koje lag und stabil atmete. Sie stellte ein großes Glas Wasser neben ihr Gepäck, schüttelte die Schuhe ab und fiel um wie ein Sack Kartoffeln. "Meine armen Füße", dachte sie noch, "auh mein Rücken" und schlief bereits fest

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Samstag, 28. Mai 2022
Nächtliche Feier (Gwen 32)
Als die ersten Chorgesänge der Drachen begannen, quetschte Skye sich zwischen den Beinen und Schwänzen der Drachen, rollenden Fässer, Feuerstellen und Essenstischen durch das Gewusel. Gestern hatte sie noch geruhsam auf ihrer Dachterrasse die Alhambra bewundert und nun fand sie sich in einer Flut von Bewegungen, Willkommensrufen, Gerüchen und unbekannten Lebewesen wieder. Nach einigem Hin und Her - Skye hatte sich bereits diverse Male bei unbekannten Drachen entschuldigt und versuchte, möglichst wenig tollpatschig zu wirken - fand sie einen Baumstumpf, der bessere Sicht und einen festen Platz versprach.

Mit ein bisschen Gerumpel stemmte sich Skye auf den Baumstumpf und staunte nicht schlecht, weil sie nun endlich einen Überblick hatte über sich begrüßende Drachen, Feuer-Jonglage und schließlich auch den Chor von Drachen, die heftig schunkelnd anscheinend ein kerniges Abenteuer besangen. Skye verstand kein Wort, entnahm aber den Reaktionen der Zuhörer*innen, dass es in der Geschichte dramatisch und obszön zuging. Zwischendrin reichte ein grün schimmernder, schwarzer Drache ihr ein Getränk, bei dem es sich hoffentlich um Wein handelte. Skye schmeckte es jedenfalls ganz gut. Sie richtete sich auf ihrem Baumstumpf häuslich ein und beobachtete die Drachen beim Feiern, Tanzen und Erzählen. Keiner der Drachen schien jemals still zu stehen.

Nach dem dritten Becher Wein fing das Gewirr von Drachen in allen Farben allmählich an, vor Skyes Augen zu verschwimmen. Skye lehnte sich zurück und genoss einfach die Vielzahl an Eindrücken. "So viele Drachens", nuschelte sie irgendwann, "und du bischt ein besonders schöner Drache", sprach sie den Drachen an, der ihr schon wieder Wein vorbeibrachte. "Drachin!", zischte die, "Hast du keine Augen im Kopf?" Nach kurzem Ärger lächelte die Drachin aber bereits wieder: "Der Wein schmeckt dir wohl?" "Jaaaa, ganz wunderbar, lecker, lecker, alles prima", trällerte Skye. Die Drachin schaute sie fragend an, als Skye bekanntgab: "Hey, du kannscht ja auch den Blick über den Briellen, äh, Brillen, also Rand, Billenrand, verflixt".

Während Skye noch weiter mit dem Satz kämpfte, kehrte die Drachin zurück und versorgte Skye mit großen Mengen Fischsuppe, Knoblauchbrötchen und Käse. "Oh Käselollis, das ist ja praktisch", stellte Skye entzückt fest und begann ihr kleines Weinproblem mit Fett und Salz abzumildern. "Heiß und fettig. Du bist meine Rettung. Ich heiße übrigens Skye." "Weiß ich", antwortete die Drachin, "Ich bin Kerscha und freue mich, dich kennenzulernen." "Kärscher?", Skye konnte gerade noch schnell ihr Kichern unterdrücken und beschloss, lieber den Mund zu halten und nicht darüber nachzudenken, dass sie gerade von einer Drachin abgefüllt worden war, die sie aus blauschwarzen Kulleraugen anschmachtete. "Lass uns tanzen", rief Kerscha und setzte sich sofort in Bewegung. Skye blieb wo sie war und schaute den wogenden Drachen beim Tanzen zu, während Kerscha mit freudigen Hüftschwüngen den Abend offensichtlich genoss und mit Kusshänden zu Skye herüberwinkte.

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Freitag, 13. Mai 2022
Äquinoktium (Gwen 31)
Skye entdeckte Gwen im Getümmel und schlengelte sich zwischen den Drachen zu ihr durch. "Wo ist Drax?", fragte sie Gwen. "Pssscht", machte diese nur, "es geht los".
Unter einem erneuten, sehr bassigen Trommelwirbel betrat ein graublauer, langhaariger Drache eine der erhöhten Felsen. "Willkommen", rief der Drache, "Willkommen zum Äquinoktium! Wir sind sehr froh, in diesem Jahr so viele von uns aus nahezu allen Drachenfamilien begrüßen zu dürfen. Ganz besonders glücklich sind wir, dass sich zum ersten Mal seit über 50 Jahren eine angemessene Anzahl von Jungdrachen an unseren traditionellen Wettkämpfen teilnimmt und sich uns so vorstellen. Möge dies nicht nur wie zweites Woodstock werden, sondern eine neue Ära selbstbewusster, freier Drachen einleiten."

"Woodstock?", flüsterte Skye zu Gwen, die schmunzelte, "Du hast doch wohl nicht geglaubt, dass ein paar bekiffte Menschlein etwas derartig gigantisches auf die Beine stellen konnten, oder? Diese Hippies waren sehr aufgeschlossen und waren sehr begeistert von bewusstseinserweiternden Drogen, die sie echte Drachen sehen ließen. Also", grinste Gwen weiter, "zumindest dachten sie, dass die Drachen ihrem erweiterten Bewusstsein entsprungen waren. Ganz praktisch, wir konnten ganz entspannt feiern mit Funkenschlag, Feuerspielen, wilden Luftmalereien und Wasserschlachten. Echt ne Wucht, nur halt was matschig.", beendete Gwen ihren Einwurf und lauschte erneut dem Drachen, der sich als Wetzlaf, Abenddrache, vorstellte.

Wetzlaf beschrieb, dass die Jungdrachen die Nacht unter ihresgleichen in Meditation verbringen würden, um für ihre morgendlichen Vorführungen fokussiert zu sein. Alle anderen lud er mit großem Getöse ein, alte Freund*innen wieder zu sehen, die hochwohlverehrten Menschlein zu begrüßen und zu feiern, was das Zeug hält. "Ab heute werden die Nächte wieder länger, was uns Fliegen, Reisen und mehr Aufenthalt an der frischen Luft erlauben wird. In diesem Sinne, ein frohes Feiern und spannende Spiele", schloss Wetzlaf seine Rede, drückte sich ein paar Tränen der Rührung aus den Augen und exte einen massiven Pott mit Met.

"Das wird spannend", dachte Skye und beschloss, doch mal ein klein wenig vom Drachenwein zu kosten.

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Samstag, 7. Mai 2022
Vor dem Fest (Gwen 30)
Am Tag des eigentlichen Festes erkundete Skye die Lager der Drachen. Diese schillerten in allen Farben. Es gab tiefschwarze, grüne und dunkelblaue Drachen. Einige schillerten wie Perlmutt, andere hatte irisierende Leuchteffekte in ihren Schuppen, von denen Skye ganz wirr im Kopf wurde. Viele der Drachen hatten Barten wie Drax und Gwen in allen Formen und Größen. Andere trugen massive Hörner oder Zacken entlang des Nackens und Rückens. Alle Drachen wirkten entspannt, obwohl so kurz vor dem Fest eine flirrende Aufregung in der Luft lag.

Die meisten Drachen ignorierten Skye weitgehend. Dennoch spürte Skye wie ihr der eine oder andere intensive Blick aus Drachenaugen folgte. Sie versuchte sich dezent und höflich zwischen den Drachen zu bewegen und beschloss, besser keinem Drachen in ihre faszinierenden Augen zu schauen. Obwohl alle Drachenaugen ganz unterschiedlich waren, einige schwarz, viele gesprenkelt und einige sogar mit katzenartigen, aber senkrechen Pupillen, hatten alle diese Tiefe, die Skye schon bei Gwen aufgefallen war und die sie aufzusaugen schien.
Sie konnte keine Familienähnlichkeiten zwischen den Drachen ausmachen. Die Drachen schienen alle verschieden zu sein. Die Größe schien keine Auswirkung auf die Autorität zu haben. Jedenfalls sah sie riesige Drachen, die auf das Kommando von viel kleineren Drachen beim weiteren Aufbau des Lagers halfen, und mittelgroße Drachen, die ihre Nachbarn angrummelten, einen Schlafplatz nochmal abzureißen und in einer anderen Ecke neu aufzubauen.

Nach diesem ersten Eindruck kehrte Skye in ihre Hütte zurück und stellte enttäuscht fest, dass sie immer noch der einzige Mensch vor Ort war. Sie aß erneut Suppe und eine Schale mit einer süßem Creme, die nach Vanillepudding duftete und auch so schmeckte. So gestärkt und mit herrlich warmem Puddingbauch beschloss sie noch ein Nickerchen zu machen, um für die lange Nacht der Tagundnachtgleiche so ausgeruht wie möglich zu sein.

Sie erwachte davon, dass Trommeln eine tiefe Vibration in ihrem Bauch auslösten. Anscheinend ging das Fest nun los. Skye schlüpfte eilig in warme Kleidung, nahm im Vorbeilaufen noch wahr, dass an einigen der Schlafplätzen nun menschliches Gepäck lag, lief zum großen Festplatz und stellte fest, dass inzwischen hunderte von Drachen über die Wiese schlenderten, sich gegenseitig begrüßten und allmählich ihre Plätze einnahmen, von denen sie das weitere Geschehen gut sehen und kommentieren konnten.

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Samstag, 30. April 2022
Höhlen (Gwen 29)
Die Gänge in der Höhle waren von einer Art kristallinen Pilz schwach beleuchtet, so das Skye mit geringfügigem Stolpern und etwas atemlos Drax und Gwen immer weiter in den Berg folgte.
Als sich der Tunnel schließlich öffnete, blieb Skye der Atem weg. Mit weit aufgerissenen Augen blickte sie auf eine gigantische Lichtung mit massiven flachen Felsen und mehreren dampfenden Wasserbecken, die wohlige Wärme versprachen. Drax verschwand zu den anderen Jungdrachen, um sich nochmal mit ihnen über die anstehenden Vorführungen zu beraten. Gwen führte Skye tiefer in die Lichtung hinein, "Hier kannst du es dir gemütlich machen", sagte Gwen und ließ Skye stehen.

Skye schaute sich um, entdeckte eine grob gezimmerte Hütte, in deren Inneren sich mehrere Strohlager und ein knisterndes Kaminfeuer befanden, über dem ein Kessel mit Suppe brodelte. Bisher schienen keine weiteren Menschen angekommen zu sein. Sie nahm eins der Strohbetten in Besitz, schlürfte einen Bottich mit der herrlich würzigen Suppe und ging los, um das Drachenlager genauer zu erkunden.

Da ihr niemand gesagt hatte, irgendwo nicht hingehen zu dürften, beschloss sie, so viel wie möglich über das Drachenfest herauszufinden. Das Lager schien sternenförmig angelegt zu sein. Nicht weit von ihrer Hütte befand sich ein riesiger Platz, an dem Feuerstellen vorbereitet waren und der von flachen bühnenartigen Felsen umgeben war. Drachen schlenderten über den Platz, begrüßten Neuankömmlinge oder trugen Essen, Feuerholz und Fässer auf den Platz. Skye entdeckte schließlich ein regelrechtes Buffet mit zwei Arten von Geschirr: große hölzerne Zuber mit Ledergurten für die Drachen und ein kleiner Stapel von Metallbechern und -tellern für den menschlichen Gebrauch. Skye nahm sich einen dieser Becher, dessen Henkel sich wie ein Karabiner aufklappen und an ihrem Hosenbund befestigen ließ. In großen Fässern fand sie Wein, Bier, Wasser und eine Art hochprozentigen Met, dazu lange Reihen von Obst, Gemüsespießen und Fleischstücken, die später wohl noch gegrillt werden sollten und die sie sich so roh lieber nicht näher ansah. Sie entschied sich für Wasser, Brot und Käsestücke, um möglichst klar im Kopf zu bleiben.

Strahlenförmig vom Festplatz zweigten geräumte Wege zu den Schlafzelten der Drachen ab. Skye wollte lieber nicht zu aufdringlich sein und folgt daher erst mal dem größten der Wege, der in ein langgestrecktes Plateau mündete. Hier waren Arenen vorbereitet, die von erhöhten Felsen halbkreisförmig umgeben waren. Einige der Arenen war mit grobem Sand gefüllt, anderen bestanden aus Rasen oder blankem Fels. Zwischen den Sitzreihen waren Feuerschalen vorbereitet. Es gab sogar einige grob behauende Baumstümpfe, die wohl als Sitzplätze für die wenigen Menschen dienen sollten.

Bisher hatte Skye allerdings noch keine anderen Menschen entdeckt und hoffte sehr, dass sie nicht alleine bleiben würde, sondern von anderen Gästen ein paar Antworten auf ihre vielen Fragen bekommen würde. Am Ende des Plateaus befand sich schließlich ein schmaler Durchgang zu einer von Felsen begrenzten Schlucht, deren Wände mit Ruß und tiefen Rissen bedeckt waren. In dieser Schlucht befanden sich keine Feuertonnen sondern riesige Fässer mit Wasser. Skye vermutete dass hier wohl die Feuerprüfung stattfinden würde, von der Drax gesprochen hatte. Sie wünschte sich sehr, dass Drax noch rechtzeitig herausfinden würde, wie Feuerspucken funktionierte, und begab sich mit vor Aufregung grummelndem Bauch auf den Rückweg zu ihrer Hütte.

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Freitag, 22. April 2022
Sierra Nevada (Gwen 28)
"Ich will nicht drüber reden", murrte Drax, als Skye am nächsten Tag auf Drax schlapp und grau herunterhängende Barte schaute. Die eine Barte von Drax sah ganz normal aus, bewegte sich und flatterte im Wind. Die andere hingegen hing an Drax Gesicht wie ein schlappes Stück Gartenschlauch, das jemand im Keller vergessen hatte. Skye beschloss Drax später unter vier Augen danach zu fragen, was passiert war, und übergab ihren voll bepackten Rucksack an Drax, der prompt darüber meckerte, was zur Hölle denn da alles drin sei. "Ich will nicht drüber reden", konterte Skye und erinnerte sich mit Schaudern an den morgendlichen Einkaufsmarathon, bei dem sie warme Kleidung, gefütterte Stiefel, Datteln, Wasser, Sesamringe sowie zur Sicherheit Kopfschmerztabletten und eine seltsame rosa Pampe gegen Durchfall, für alle Fälle, ergattert hatte.

Während Skye auf Gwen flog und versuchte, das Knacken in ihren Ohren zu ignorieren, meckerte Drax über die "piekigen" Gurte von Skyes Rucksack. Erst als Drax selbst merkte, wie schrill die eigene Stimme vor lauter Aufregung klang, schwieg es.
Dicht vermummt bewunderte Skye, wie ruhig und kraftvoll Gwen sie in kürzester Zeit aus der Stadt heraus trug. Ihre Flügelschläge waren leiser als die von Schwänen, obwohl sie um ein vielfaches größer war. Sie folgten dem Rio Genil nach Südosten. Skye beobachte, wie die Straßen unter ihr immer schmaler und die Häuser seltener wurde. Schließlich erreichten sie die Baumgrenze und den ewigen Schnee der höchsten Berge der Sierra Nevada. Sie hatte längst die Orientierung verloren und genoss den Ausblick auf die 3000er im Nationalpark. Sie spürte wie ihre Atemluft am Tuch vor ihrem Gesicht gefror und war trotz der grandiosen Aussicht froh, als Gwen und Drax in einem Sinkflug übergingen.

Skye hatte gehofft, dass die beiden erst mal über dem Gelände kreisen würden, damit sie sich etwas orientieren konnte. Stattdessen folgten die Drachen einem langgezogenen Cannon aus schroffem grauem Felsgestein und landeten dann abrupt auf einer Lichtung. Vor lauter Geröll konnte Skye nicht so recht erkennen, wo sie nun gelandet war, und machte sich zittrig an den Abstieg von Gwen. Ihre Beine waren während der Stunde Unbeweglichkeit eingeschlafen. Obwohl sie versuchte, aufrecht zu bleiben, plumpste sie prompt erst mal auf den Hintern. "Wie peinlich", dachte Skye, während Drax versuchte, nicht zu kichern. Zum Glück war außer Drax und Gwen nur noch ein weiterer Drache zu sehen, der aus einem Schlummer hochschreckte und selbst erst schnell mal ein wichtiges Gesicht als Wächter zu einem Tor aufsetzte.
Skye rappelte sich hoch, bewunderte die blauschwarz schimmernde Haut des Wächterdrachens und folgte Drax und Gwen in den Höhleneingang.

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Freitag, 15. April 2022
Mehr Lampenfieber (Gwen 27)
Endlich war es soweit: Gwen und Drax kamen am Vorabend der Tagundnachtgleiche auf Skyes Terrasse geflogen. Skye hatte wohlweislich einen ruhigen Tag in den malerischen Gärten der Alhambra verbracht und die bezaubernde Atmosphäre der Wasserspiele, tragisch-romantischen Innenhöfe und Gärten der Generalife genossen. Die weiche Symmetrie der Gärten und der Architektur sprachen sie immer wieder an, so dass es ihr nie langweilig wurde, das Wechselspiel von Licht und Schatten und die sich mit jedem Schritt verändernden Perspektiven in den Arkaden, Höfen, Torbögen und beim Blick durch die Fenster auf sich wirken zu lassen.

Noch etwas verträumt, aber erholt und mit sich im Reinen servierte sie Kaffee und Cracker für die beiden Drachen auf ihrer Terrasse. "Ein bisschen eng, so zu dritt", murrte Gwen prompt, "aber naja, ab morgen haben wir ja mehr Platz. Wir holen dich gegen 15 Uhr ab. Der Flug dauert etwa eine Stunde. Nimm warme Kleidung mit, in der Sierra Nevada ist es jetzt schon empfindlich kalt. Unsere Jungdrachen werden dann vorführen, was sie können. Für jeden Drachen sprechen zwei Paten oder Patinnen. Da unser Drax etwas ungewöhnlich aufgewachsen ist, werden also ich und du als Drax Patinnen sprechen. Du wirst erzählen, wie Drax bei dir aufgewachsen ist, was du an Drax besonders findest, was es gut kann und ob man ihm trauen kann. Danach gibt es Wein, Gesang, Tanz, Feuerspiele und Essen. Du wirst sehen, ein richtiges Fest, und du wirst einer von voraussichtlich fünf Menschen sein, die daran teilnehmen.", erläuterte Gwen, "also 15 Uhr abflugbereit".

Skye nickte beklommen. Nicht nur, dass sie natürlich so gut wie keine warme Kleidung mit nach Andalusien genommen hatte. Ihr war auch noch schleierhaft, was sie sagen könnte, so dass Drachen einen guten Eindruck von Drax bekommen würden. Dass Drax prima war im Marder Erschrecken, Spaghetti mochte und der beste Kuschelfreund der Welt war, kam vermutlich nicht so richtig gut rüber. Trotzdem freute sich Skye aber auch auf das Fest - wer konnte schon mit Drachen die Nacht durchfeiern?!

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Donnerstag, 7. April 2022
Lampenfieber (Gwen 26)
Mehrere Nächte erzählten Drax und Skye sich Geschichten über ihre Reisen. Drax knurrte mitfühlend über Skyes Elend zwischen Aircondition, Sicherheitsgates und zu engen Sitzen. Skye bewunderte Drax für dessen ersten Langstreckenflug, der immerhin auch über die Pyrenäen geführt hatte. Nur einmal hatte Drax sich dabei Ärger mit Gwen eingehandelt, als Drax ein klein wenig vom Weg abgekommen war beim Versuch, die nach Süden fliegenden Gänse durcheinander zu wirbeln. Die Gänse hatten sich als komplett humorlos erwiesen und waren so stur in ihrer V-Formation geblieben, dass Drax schließlich fast den Anschluss an Gwen verloren hätte. Nachdem Drax Skye das Versprechen abgenommen hatte, bei den Oberdrachen auf keinen Fall etwas von diesem unbedeutenden Zwischenfall mit den öden Gänsen zu erzählen, kündigte Drax schließlich an: "Morgen kommt Gwen und wird dir alles erklären", was Skye keineswegs beruhigte.

Anscheinend hatte Drax sich die nervige Angewohnheit von Gwen abgeschaut, eine höchst ironisch, leicht kopfschüttelnd anzuschauen und dabei ihr wortloses Unverständnis auszudrücken, was es denn wieder nicht zu verstehen gäbe. Beide hatten die Kunst verfeinert so zu gucken als wären sie alterskluge Majestäten, die distinguiert über ihren nicht vorhandenen Brillenrand guckten und ihr Gegenüber keines weiteren Wortes für würdig befanden. "Distinguiert ist ein Wort, dass ich Drax unbedingt mal beibringen muss", kicherte Skye angeschwipst vor sich hin, was ihr prompt einen weiteren Brillenrandblick von Drax einbrachte.

Drax wollte ihr partout nicht verraten, was auf Skye zukommen würde, wenn sie in die Sierra Nevada aufbrechen würden, um am großen Herbsttreffen der Europäischen Drachen zur Tagundnachtgleiche teilzunehmen. "Du machst das schon, brauchst ja bloß was reden oder so. Viel aufregender wird ja wohl, dass ich an dem Tag starten und landen, Formationen fliegen, fauchen, Geschichten erzählen und, nicht zu vergessen, Feuer spucken muss!", maulte Drax nun schon zum achten Mal. "Ich hab keine Ahnung, wie das gehen soll. Die labern immer irgendwas davon, das innere Feuer in mir zu erwecken. Was, wenn ich das nicht kann? Oder mir die Schnute verbrenne?", fiepte Drax und musste feststellen, dass Skye beim Wort "Schnute" schon wieder kicherte. "Bist du sicher, dass dieser Rotwein und all dieses Sonnenuntergangsgetue vor Maurischer Kulisse dir gut bekommen?", grummelte Drax, schaute erneut über den nicht vorhandenen Brillenrand und ließ sich keine weiteren Informationen entlocken.

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Donnerstag, 31. März 2022
Stadtgalopp (Gwen 25)
Skye war ganze Tage durch Granadas Altstadt gewankt und stöhnte über ihren höllischen Muskelkater, den sie vom ständigen Auf und Ab der Gassen bekommen hatte. Viel zu lange war sie nicht mehr hier gewesen und genoss es, ihre liebsten Plätze und Ecken wieder zu entdecken. Sie war immer wieder voller Neugier auf Granada, wo sich das halbe Leben draußen abspielte, Musik eine in malerische Hinterhöfe lockte und die Menschen trotz der Touristenmassen freundlich blieben. Im Gegensatz zu Barcelona war der Verkehr hier nicht gar so allgegenwärtig und das Essen wesentlich besser und erschwinglicher. Nichts gegen Barcelona mit vielfältiger Kultur, Stadtstrand und der Neigung zu anarchistischen Untertönen. Skye hatte Barcelonas Trubel und Schönheit bei ihren früheren Reisen durchaus gemocht, aber das Gefühl, an diesem Ort gerne zu Hause sein zu wollen, hatte sie nur in Granada. Skye seufzte nicht zum ersten Mal vor Freude, "wenn Granada auch noch am Meer liegen würde, wäre es kaum auszuhalten".

Sie hatte nach dem knappen Frühstück mit pan de tomate und köstlichem Kaffee mehrere Tage zwischen Kathedrale, Märkten und kleinen verwunschenen Souvenirshops verbracht und die besondere Atmosphäre Granadas zwischen maurischer Geschichte und moderner Kulturvielfalt aufgesogen. Die Alhambra und vor allem deren malerische Gärten sparte sie sich für später auf, angefüllt mit Vorfreude auf die verspielte Schönheit voller Geschichte und Geschichten. In den letzten Tagen war sie mehr als genug gelaufen und kehrte froh erschöpft nach einem Bierchen mit arabischen Tapas abends in ihren Turm zurück.
Wieder bestaunte sie die Alhambra auf dem gegenüberliegenden Hügel und schüttelte den Kopf darüber, dass die spanischen Eroberer nichts Besseres zu tun gehabt hatten als einen Teil der maurischen Festung abzureißen und durch einen vierkantigen, stramm gleichförmigen Klotz zu ersetzen, der bis heute die Schönheit der ausgewogenen, verwinkelten und perspektivreichen Palasträume, Festung und Innenhöfe beleidigte. Trotzdem konnte sich Skye nie am Anblick der roten Festung satt sehen und freute sich darauf, die verschiedenen Palasträume mit ihrer besonderen Symmetrie bald wiederzusehen.

Sie genoss es, sich in Granada einzuleben, als endlich Drax auftauchte. Skye saß abends wieder entspannt auf ihrer Dachterrasse, schaute dem Sonnenuntergang rund um die Alhambra zu und vergaß zu atmen, als sie in diesem roten Licht einen Schatten entdeckte, der sich aus Richtung der Berge auf sie zu schlängelte. Skye schloss und öffnete ein paar Mal die Augen, bis sie sicher war, dass dort tatsächlich Drax auf sie zukam. "Huiih", hörte Skye. "Guckstu, wie gut ich fliegen kann! Huiih, hier ist viel wärmer als in den Bergen. Aufwind, huuih", war Drax zu hören, während es noch ein paar Schleifen über der Stadt flog.

Eilig räumte Skye die Stühle und den Tisch auf ihrer Terrasse beiseite und brachte ihr Weinglas in Sicherheit. Besorgt schaute sie, wie Drax in rasendem Tempo auf sie zukam, es sich aber im letzten Moment noch anders überlegte und eine weitere Runde flog. "Hast du gedacht, ich krieg das nicht hin und flieg dich um?", kicherte Drax, als es endlich mit nur ein bisschen Gerumpel gelandet war. "Klasse Turm", merkte Drax dann noch an, "Hast du Cracker?". Selbstverständlich hatte Skye Cracker besorgt und so erzählten sie sich während der blauen Stunde im Angesicht der Alhambra, was sie erlebt hatten, als sie während der Anreise nach Andalusien zum ersten Mal seit Drax´ Geburt getrennt gewesen waren.

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Mittwoch, 23. März 2022
Heimkommen im Süden (Gwen 24)
Skye schaffte es mit einiger Mühe die vielbefahrene Gran Vía de Colón zu überqueren und sich in eine Nische zu zwängen, um trotz des Straßenlärms in ihrem Hostel anzurufen. Zum ersten Mal wohnte sie diesmal direkt im Albaicín, dem alten arabischen Viertel von Granada mit seinen verwunschenen Gassen, weißen Häusern und blühenden Gärten. So müde wie sie nach dem Flug war, wollte sie nicht mit ihrem Gepäck durch die steilen Gassen irren und ließ sich abholen. Das erwies sich als klug, aber auch abenteuerlich, als der Fahrer mit seinem dreirädrigen Gefährt in einem Wahnsinntempo die Gassen hochknatterte und dabei um Haaresbreite nicht mit den Häuserecken und anderen Fahrzeugen zusammenstieß. Skye versuchte nach vorne zu schauen und nicht zu genau auf die vielen von Autos beschädigten Fassaden und Blumenkästen zu achten.

Im Hostel wurde sie herzlich empfangen, bekam eine Straßenkarte und bewältigte die letzte Anstrengung ihrer Reise: eine steile Treppe hinauf, durch eine enge Tür, die in einen winzigen Flur und zum verlockend großen Bad führte. Als Skye gerade anfing sich zu wundern, wie dunkel das Apartment war, wurde sie eine weitere sehr steile Treppe hinaufgeführt und war endlich angekommen. Sie hatte das "Turmzimmer" gemietet und fand sich sofort entschädigt für alle Strapazen: Das Zimmer lag wirklich in einem Turm, der sich einzeln stehend über der Terrasse des Hostels erhob. Das Bett nahm fast den gesamten Turm ein, und sie konnte vom Bett zu drei Seiten aus durchgehenden Fenster das Viertel Albaicín, die Berge der Sierra Nevada und die Alhambra sehen. Die Alhambra!!

Von ihrem Turm aus führte ein schmaler Steg über das Dach zu einer eigenen kleinen Dachterrasse und da stand sie nun mit offenem Mund: Über das Tal hinweg konnte sie die Alhambra auf dem gegenüberliegenden Hügel sehen. Die alte Festung schwebte mit ihren Türmen, Zinnen und Erkern festlich beleuchtet vor dem blauschwarzem Sternenhimmel. "Hier möchte ich nie wieder weg", dachte Skye, entkorkte eine Flasche Rotwein, atmete die Mischung aus Stadtluft, Jasmin und Bourgainvillen ein und wollte nur das: nachts im Freien auf die Alhambra und den Himmel schauen, während sie sich fragte, wie es wohl Drax gerade erging.

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