Samstag, 6. Februar 2016
Ich kümmere mich ja schon
Ich kümmere mich ja immer um alle und jenes, repariere, sortiere, finde, mache heile, vernetze, sorge, rette und habe vor allem den Plan, wie was wann laufen muss, um gut zu werden.
Das ist ganz angenehm: für mich, weil ich schneller fertig werde, Ziele erreiche und Erfolgserlebnisse kriege. Für die anderen, weil sie sich immer auf mich verlassen können und erledigt wird, was dran ist.

Aber, na klar, kommt ein aber. Wenn sich alle darauf verlassen können, dass ich mich schon kümmere, hat das drei weitere Wirkungen:

Ich trage selbst dazu bei, dass die Unfähigen und Bequemen, sich darin einrichten, unfähig und bequem bleiben. Die macht ja schon, dann kann ich ja nach Hause gehen, später kommen, gar nicht kommen oder bloß quatschen. Ihr lernt nichts dazu und bleibt feist auf dem Arsch sitzen – schön lässig und auf Kosten meiner Kraft.

Ich renne und mache und tue, dass ich oft gar nicht mehr weiß, wo mir der Kopf steht. Zu oft halte ich so tapfer durch, dass ich gar nicht mehr darüber nachdenken kann, was von all dem Sinn macht, wie es vielleicht doch leichter ginge und was ich eigentlich wirklich will. Da ist keine Pause zum Nachdenken oder Fühlen – Pause ist nur zum Ausruhen, kurz anhalten, Wunden lecken und weiter.



Und – das ist vielleicht das schlimmste daran – ich finde eigentlich gar nicht statt. Ich repariere, sortiere und rette – da bleibt kein Platz für Schwäche, für weiche Momente, für Zärtlichkeit. Nicht nur, dass ich nicht um Hilfe bitten kann, wo keine Hilfe ist. Ich funktioniere vor allem so gut, dass niemand meine ganze Person sehen kann. Ich gebe nichts von mir preis – keine Zweifel, Gefühle, Albernheiten, fast nie die entspannte und zärtliche Person, die ich auch sein kann – niemals die, die am Meer sitzen kann und vor Glück und Staunen einfach nur atmet. Ich sage nie, was ich mir wünsche: Bitte hilf. Bitte warte kurz. Bitte sei da, wenn ich nachher Zeit habe. Tanz mit mir. Nimm mich in den Arm. Lass Dich in meinen Arm fallen.

Lass uns lachen, lieben, kämpfen – nicht nur kämpfen.

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Kräfte
Du beschreibst sehr gut, wie ich mich manchmal fühle. Diesen Gedanken, immer funktionieren, und alles alleine schaffen zu müssen, kenne ich zu gut. Aber eins, habe ich inzwischen gelernt, nämlich, zu sagen, was ich möchte und was nicht. Besonders schwer war es, das Nein sagen zu lernen, aber langsam kann ich auch das besser.

Ach, und das Schild ist super!! :D

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Danke :-)
Ich hoffe, dass der Text ein bisschen darin unterstützt, auch mal Nein zu sagen bzw. (noch besser) bewusst mal Ja und mal Nein zu sagen.
Das ewige Funktionieren macht ja nicht nur eine/n selbst kaputt, sondern versaut auch die Umgebung...
Und ja - ich glaube auch, dass das nur langsam besser wird - ich übe auch und es wird besser...

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