Samstag, 7. November 2015
Lichtscheue Gesellen
Schau an, schau an - die Sonne lässt sich heute mal blicken. Sofort atme ich durch, werde ein paar Zentimeter größer und produziere ein inneres Schnurren. Auf einmal ist alles wieder schön. Es macht gar nichts, dass die Stadt zu voll ist, dass vier verschiedene gleichzeitig spielende Straßenmusiker die Kakophonie aus Kindergebrüll, Hundegebell und schiebenden Menschen antreiben. Selbst dass schon Weihnachtshysterie ausgebrochen ist, macht gleich viel weniger aus, weil einfach mal die Sonne auf mein Fell scheint. Es ist so einfach: ein kleines bisschen Wärme in diesem seltsamen Land, in dem es im Grunde sieben volle Monate zu dunkel, zu kühl, zu feucht ist.
Und wo ich hier eh schon über das Wetter rede: was ist das denn da draußen?? November soll das sein? dunkel = passt. knöchelhohes Laub = check. irgendwie feucht = ja auch, aber nanu, ein bisschen feucht von oben, schon, aber wo ist der ganze Regen, der erste Hagel, der erste Schnee, die üblichen nassen Blätter, die einem sonst ins Gesicht klatschen? Nicht dass ich mich beklagen will, dass mir dieses Jahr trotz November mal kein Moos aus den Ohren wächst, aber das da? Ich transpiriere! Im Tshirt! Im November!

Ich komme mir vor, als wäre ich kurz vor Weihnachten auf die Südhalbkugel geraten: die Deko ist weihnachtlich, alle Leute sind längst in Weihnachtseinkaufshektikwahn verfallen, die Auslagen in den Geschäften sind vor lauter Menschen ohne Geschiebe nicht mehr zu erreichen und es ist ein Wunder, dass vor lauter Enge überhaupt noch Deko an den Wänden hängt. Aber diese Wärme? Ich trage den Schal, weil er kalendarisch dran ist und bereue es schon nach drei Schritten.
Was also tun: so lange Lebkuchen essen, bis ich wieder glaube, dass der Advent kommt? Oder doch besser in die Eisdiele einbrechen? Das wäre es: Rieseneis mit Sahne, Schirmchen und von mir aus eben auch mit Glitzergedöns.

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