Freitag, 9. März 2018
Drax erster Marder (Gwen 7)
Seither entwickelten Skye und Drax ein gemütliches Beisammensein. Drax wuchs, kuschelte und ließ sich zum zwanzigsten Mal die Geschichte erzählen, wie die große Winterdrachin eines Nachts zum Weintrinken vorbeikam, sich als Gwendolina Tyromania Gwandania Pyrodonia Reginalda Rügenburges vorstellte und schließlich das Ei mit dem kleinen Drachenwesen darin zurückließ. „Wie hat ihr Fell ausgesehen? Was ist ein Flokati? War sie wirklich so groß wie das ganze Riesensofa? Wie hat sie gerochen? Ihre Stimme? Und ihre Augen? Kuhbraun sagst Du? Also ganz tief braun, wie bei einem Drachen, der gerade eine große, warme Kuh verspeist hat?“ Drax Fragen nahmen kein Ende. Skye konnte Drax verstehen, wo Drax die Mutter ja nie kennengelernt hatte.

Im Laufe der Wochen merkte Skye, wie Drax immer unruhiger wurde, kleine Wölkchen ausstieß, während es sich bemühte, keine Blumentöpfe mehr umzuschmeißen und freundlich zu Skye zu sein. „Nun ja“, dachte Skye „es ist ein Drache. Es kann nicht angenehm sein, hier nur in der Wohnung zu hocken. Schlafen, Hafermilch und Kuscheln sind ja schön und gut, aber braucht so ein Drache nicht mehr?“ Skye fürchtete sich etwas davor, herauszufinden, was Drax wohl brauchen könnte. Was, wenn Drax etwas zustoßen würde? Oder wenn es verloren ginge? Wo bekommt man Drachenheilsalbe?

So waren beide ganz in Gedanken versunken, während sie sich unter Skyes großer Plüschdecke ankuschelten. Drax ließ sich leise knurrend am Bauch und vor allem den Ansatz der wachsenden Flügel kraulen, zappelt aber mal wieder unruhig hin und her. „Wie wäre es mit frischer Luft?“, fragte Skye schließlich. „Versprichst du ganz nah bei mir zu bleiben?“ Drax Augen leuchteten auf: „Was bedeutet das?“ „Naja, so nah bei mir zu bleiben, dass ich dich sehe und schnell bei dir sein kann?“ antwortete Skye besorgt. „Ich meine, frische Luft, was bedeutet das?“, fragte Drax aufgeregt.

Skye seufzte „Wir probieren das mal.“, nahm Drax in den Arm, stand auf und öffnete vorsichtig die Balkontüre. Drax bekam ganz große Augen und riss die Nüstern auf: „Das riecht hier ja ganz anders“, schnüffelte es. „Hm, Erde, Vögel, Benzin, Steine, und ein Hauch von Marder.“ Skye war mal wieder beeindruckt, dass Drax über alles Wissen zu verfügen schien, während es die Welt komplett neu entdeckte. „Du weißt, wie Vögel riechen?“ „Na klar“, wunderte sich Drax, „Wie soll ich denn sonst wissen, dass in dem Busch da unten mindestens 12 Vögel herumwuseln und auf dem Parkdeck dahinten in dem Protzauto ein Marder schläft?“ Drax schüttelte den Kopf darüber, wie unverständig Menschen so sind: „Müsst ihr wirklich alles komplett erst lernen und wisst gar nix? Das ist aber lästig!“. Skye lächelte, „Ja, stimmt. Das ist sehr lästig und Menschen werden sogar extra in Schulen geschickt, damit sie sich überhaupt zurechtfinden.“ „Seltsam, dass ihr überlebt. Darf ich ein bisschen rumfliegen?“, fragte Drax.

Skye blieb fast das Herz stehen, aber Drax wartete die Antwort nicht ab, sondern öffnete die Flügel und sauste über das Parkdeck und zwischen den Tannen hin und her. Dabei gab es vergnügte Jubellaute von sich „Ja! Hierum! Wie das riecht! Hallo Krähe – brauchst Dir gar nicht so den Kopf verdrehen!“. Drax drehte seine Runden, sauste hoch und runter, während Skye zuschaute und vor mütterlichem Stolz fast platzte. Wie schön Drax war und wie geschickt. Wie sie Drax so beim Herumsausen beobachtete, vergaß sie fast, sich Sorgen zu machen. Schließlich kehrte Drax mit leuchtenden Augen zu ihr zurück: „Morgen wieder, ja? Ich habe Hunger und Durst! Kann ich Spaghetti haben?“ Skye lächelte, kochte ihrem Drachen Spaghetti und spendierte zur Feier des Tages einen extra Klecks Butter. So lächelte sie einfach nur Drax an, während die Riesenportion Spaghetti in der Drachenschnauze verschwand, Drax rülpste und rundum zufrieden aussah.

... link (0 Kommentare)   ... comment